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Ein Klimaplan für Friesland

    Ob in den USA, in Großbritannien, in Spanien oder neuerdings auch in den heiligen Hallen den europäischen Kommission: seit einigen Jahren wird scheinbar überall von einem Green New Deal gesprochen (inzwischen auch gerne von einem Green Recovery Package aber das ist eine andere Geschichte). Der Gedanke bei diesem Wortkonstrukt ist dieser: in den 1920er Jahren, im Antlitz der bis dahin schlimmsten Weltwirtschaftskrise, setzte der damalige amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt einen neuen Gesellschaftsvertrag auf, den New Deal. Seine Regierung beschloss und lenkte gewaltige Investitionsprogramme, mit denen Straßen und Staudämme, Bildungs und Kulturprogramme und vieles vieles mehr finanziert wurden: all das mit dem Ziel, Jobs zu schaffen und die amerikanische Gesellschaft wohlhabender aber auch gerechter zu machen. 

    Fast forward – 2021. Und hier kommt die eine Millionen Euro Frage. Was unterscheidet unsere Situation heute, mit der von damals? Klar, sehr vieles, aber allem voran ist das 21 Jahrhundert dezentral organisiert. Staudämme werden durch Eigenheim-Solarzellen und Speichertechniken ersetzt; lineare globale Märkte durch lokale Kreislaufwirtschaften verdrängt; die Digitalisierung macht das Land wieder attraktiv. Der Green New Deal von heute wird deshalb auch nicht wie noch vor 100 Jahren von einer nationalen Regierung geschrieben werden, sondern von vielen kleinen Kommunen, Kreisen, Städten und Stadtteilen. Die Regierung muss das Geld und die grobe Fahrtrichtung beisteuern, aber Visionen für den tatsächlichen Umbau der Gesellschaft müssen lokal ausgearbeitet werden. Mit anderen Worten: die Bürger Windparks von heute sind der Roosevelt Staudamm von damals. 

    Und hier kommt der Klimaplan für Friesland ins Spiel: unser wichtigstes Ziel bei Friesland Zero. Wir wollen, dass der Landkreis, gemeinsam mit den Kommunen Varel, Bockhorn, Zetel, Jever, Schortens und Wangerland, einen Plan erstellen, der aufzeigt, wie sie die wichtigsten Felder unserer Gesellschaft schnell und fair umbauen wollen. Wir sprechen hier also von Fragen wie diesen: Wie sollte die Lebensmittelversorgung in Friesland organisiert werden? Wie soll Strom und Wärme produziert, transportiert und verbraucht werden? Wie kann Umweltbildung in Schulen und Medien übermittelt werden? Wie werden wir uns und unsere Waren fortbewegen und welche Infrastruktur brauchen wir dafür? Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, um unsere Ziele zu erreichen? Was brauchen wir von der Regierung und anderen Akteuren, um das zu tun? All das mag erst einmal wie ein Himmelfahrtskommando aussehen: Fakt ist aber, dass mehr und mehr Kommunen in Deutschland genau solche Pläne erstellen. Das wiederum hat zur Folge, dass wir und auch Politiker*innen “da oben” auf ein immer reicheres Netz aus umfassenden Lösungskonzepten zurückgreifen können, die nur darauf warten, mit Hilfe eines ambitionierten Förderprogramms in die Tat umgesetzt zu werden. 

    Denn natürlich sind wir nicht naiv. Auch wir wissen, dass die großen Bretter in Berlin und Brüssel gebohrt werden. Lokal können wir nur wenig erreichen, wenn weiterhin Milliardensummen für den Umbau der Gesellschaft fehlen und stattdessen in fossile Subventionen, prähistorische Agrarsubventionen, oder direkt in kanarische Steueroasen fließen. Aber das bedeutet nicht, dass wir warten müssen. Gemeinsam mit vielen anderen Kommunen und Bürger*innen-Initiativen machen wir den notwendigen ersten Schritt und erarbeiten die Lösungen, die wir brauchen. Die Dialoge, die wir auf dem Weg dahin führen, werden uns dabei helfen, Konflikte zu lösen und einen besseren Überblick über die tatsächlichen Aufgaben zu bekommen, die vor uns liegen. 

    Die Erstellung eines solchen Klimaplanes ist deshalb auch keine abstrakte Idee mehr, sonder kann sich auf viele best-practices aus anderen Gemeinden stützen. In unserem nächsten Beitrag stellen wir deshalb vor, wie so ein Klimaplan aussehen kann und was man dabei beachten muss. 

    Übrigens. Auch der oben erwähnte Dialog ist nicht einfach nur eine abstrakte Idee. Wir glauben, dass man Echo-Kammern, Facebook Blasen und ideologische Lager gezielt aufbrechen kann und auch sollte. Erfahre mehr dazu in unseren Beiträgen zu Bürger*innen Versammlungen